KBT (Konzentrative Bewegungstherapie) Konzept
Die Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) ist eine körperorientierte psychotherapeutische Methode und wurde von dem Psychoanalytiker Dr. med. Helmut Stolze begründet. In der Konzentrativen Bewegungstherapie werden Wahrnehmung und Bewegung als Grundlage des Handelns, Fühlens und Denkens genutzt. Im konzentrativen Sich-Bewegen, Sich-Wahrnehmen werden Erinnerungen reaktiviert, die im Laufe des Lebens ihren Körperausdruck in Haltung und Verhalten gefunden haben.
Außerdem kann im Umgang mit Objekten (z. B. Tücher, Steine, Stäbe, oder auch Menschen) neben der realen Erfahrung auch ein symbolischer Bedeutungsgehalt erlebbar werden.
Auf dem Hintergrund entwicklungs- und tiefenpsychologischer Denkmodelle ermöglicht das anschließende Gespräch den Erfahrungsaustausch und die Reflexion der leiblichen Erfahrung. Ergebnisse sind differenziertere Wahrnehmung, klarere Unterscheidung von funktionalen und dysfunktionalen Verhaltensmustern und darauf aufbauend Veränderung und Entwicklung.
Die KBT wurde aus der individuellen Bewegungsarbeit Elsa Gindlers (1885-1961) heraus entwickelt. Die Abwendung von gymnastischen Übungen hin zur Eigenwahrnehmung war dabei wesentlich. „Werden sie erfahrbereit.“ Gertrud Heller und dann Helmut Stolze begannen damit, Leiblichkeit und Bewegung in der Arbeit mit psychisch Kranken einzusetzen. 1958 stellte Helmut Stolze die Methode als „Konzentrative Bewegungstherapie“ bei den Lindauer Psychotherapiewochen vor. Weitere Wegbereiterinnen der Entwicklung der KBT als psychotherapeutisches Verfahren waren E. Franzke, Miriam Goldberg, Christine Gräff, Ursula Kost und Lucie Lentz. 1975 gründete Ursula Kost den Deutschen Arbeitskreis für KBT (DAKBT). Die Methode wurde vermittelbar gemacht, in dem ein differenziertes Curriculum zur Weiterbildung entwickelt wurde.
Theoretischer Hintergrund
Die KBT basiert auf entwicklungs-, tiefenpsychologischen und lerntheoretischen Denkmodellen. Ein wichtiger Bestandteil des theoretischen Hintergrundes ist der Gestaltkreis Viktor v. Weizsäckers, den Helmut Stolze in Beziehung zur KBT setzte und 1972 vorstellte. In diesem Modell gibt es zwei Gestaltkreise: Den des Averbalen (fühlen, spüren, bewegen) und den des Verbalen (denken, sprechen, zuordnen). Beide sind wiederum Teil einer umfassenden Gestalt: Der des Begreifens (wahrnehmen, aufnehmen und erfassen)-, als Verbindung des Individuums mit seiner Umwelt. Ein weiteres Element der theoretischen Grundlage der KBT sind entwicklungspsychologische Ansätze von Erik Erickson, Margaret Mahler und Jean Piaget, wie sie von Sylvia Czerny und Hans Becker in ihren Arbeiten dargestellt wurden. Zum Beispiel beschreibt Piaget , wie bei einem Kind aus sensomotorischen Erfahrungen bestimmte Verhaltensmuster entstehen, die durch Wiederholung zu einem bestimmten Schema weiterentwickelt werden. Andere entwicklungspsychologische Phasen, die eine Rolle in der KBT- Arbeit spielen, sind Symbolisierung, Abstrahierung, Trennung und Individuation. Die Ergebnisse der neueren Säuglings-, Bindungs-, neurobiologischen und Traumaforschung bestätigen diese Grundannahmen. Die KBT ermöglicht über Erfahrungsangebote, die sich auf bestimmte Entwicklungsphasen beziehen, Nachreifungsprozesse und das Entwickeln neuen Verhaltens.
Methode
Zu Beginn einer KBT-Sitzung greift die TherapeutIn die aktuelle Situation auf: sprachliche Mitteilungen, Stimmungen, Körperhaltungen des Klienten bzw. Patienten und ihre eigenen Reaktionen. Diese setzt sie um in ein Angebot, indem sie Anregungen zum Experimentieren und Erleben gibt, z.B. Wahrnehmen des Raums, auf verschiedene Arten gehen, Körpergrenze abklopfen, Gestalten einer Szene mit Gegenständen, Berührung durch Gegenstände oder Berührungsdialog mit der Therapeutin. Jede Situation kann für ein Angebot genutzt werden und sollte Erfahrungsspielräume ermöglichen. Angebote in der KBT können folgende Ziele haben: Anregung von Selbst- und Körperwahrnehmung, Bewusstwerden der eigenen Befindlichkeit, Bearbeiten von inneren und äußeren Konflikten, Klärung von Beziehungssituationen, Wahrnehmen von Gefühlen und Impulsen, Erkennen von unterschiedlichen inneren Verfasstheiten/Strebungen. Die darauf folgende verbale Bearbeitung dient der Klärung, Verdeutlichung, Differenzierung und Integration der gemachten Erfahrungen.
Eine zentrale Vorgehensweise ist die konzentrative Wahrnehmung im aktuellen Tun und Erleben. In der KBT wird dieses Tun und Erleben als Bewegung verstanden. Mit der Konzentration auf das Leibliche gewinnen wir Zugang zum unbewussten Gedächtnis. Ihm zugeordnet ist das Leibgedächtnis, das alle Erfahrungen, insbesondere die Beziehungserfahrungen speichert. Durch die konzentrative Hinwendung auf den eigenen Körper, können Erinnerungen bewusst werden, die sich in Haltung, Bewegung und Verhalten ausdrücken. Mit jeder Belebung der Wahrnehmung wird gleichzeitig eine innere Bewegung ausgelöst. Im gegenwärtigen Tun können durch Bewegungsabläufe (gewohnte Tätigkeiten, wie z.B. Gehen, Greifen, Stehen, Liegen) alte Erfahrungen bewusst, Automatismen unterbrochen und neue Erlebnisinhalte ermöglicht werden. Die innere Beteiligung ermöglicht eine affektive Erlebnisebene, wodurch neue Verhaltensweisen leichter erlernt und integriert werden. Dies zeigen Ergebnisse der Lernforschung, wonach emotional getönte Inhalte am besten behalten werden. Durch Angebote, die einen Handlungsraum eröffnen, können diese neuen Erlebnisinhalte erprobt und durch Wiederholung vertieft werden. Helmut Stolze nennt diesen Vorgang „Übung ohne zu üben.“ Dieses konzentrative Handeln fördert ebenfalls Lerneffekte, wie die Forschungsergebnisse des Neurobiologen Braus zeigen, wonach Handeln und „Selbsttun“ einen 90% Lernerfolg haben. Das geschilderte körperorientierte Erleben ermöglicht es dem Klienten, gesunde Anteile und Störungen zu unterscheiden und zu verstehen. Damit werden Themen für die psychotherapeutische Bearbeitung zugänglich und die Zielfindung wird erleichtert.
Ein wesentlicher Bestandteil der KBT-Arbeit ist das Einbeziehen von Gegenständen. Dabei dienen Gegenstände als Realobjekte, als Hilfsmittel zum Aufbau der Selbstwahrnehmung, als Symbol, als Mittel zur szenischen Gestaltung, als Gestaltung des Körperbildes, als Objekt zur Beziehungsgestaltung zwischen Zweien oder Mehreren und als Übergangsobjekt, das der KlientIn zur Unterstützung und Weiterführung eines inneren Prozesses mit nach Hause gegeben wird. Ein weiterer Fokus im therapeutischen Prozess ist die Gestaltung der Interaktion zwischen KlientIn bzw. Gruppenmitgliedern untereinander und der TherapeutIn.
Weitere Informationen zur KBT-Methode finden Sie auf der ÖAKBT Homepage
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